Grundlagen der berufsbezogenen Jugendhilfe
Hier finden Sie alle Informationen bezüglich unserer berufsbezogenen Jugendhilfe.
Wir stehen als Kirche in der Welt
Wir haben ein klares Bild von einer gerechten Gestaltung des Zusammenlebens und der Teilhabe aller Menschen am Leben mit seinen vielfältigen Chancen und Möglichkeiten. Als Kirche wissen wir um die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, um die Verteilungskämpfe und Ausgrenzungen in den kleinen und in den großen Bezügen des täglichen Lebens. Einen Ausgleich zu schaffen für sozial benachteiligte junge Menschen, sie zu begleiten, zu stützen, zu stärken, ist ureigenste Aufgabe und Verantwortung einer Kirche in der Welt.
In der Evangelischen Jugendsozialarbeit weiß sich die Kirche jungen Menschen in besonderer Weise verpflichtet und erweist sich als Anwältin für die Lebenschancen von jungen Menschen in Kirche und Gesellschaft.
Die Berufsbezogene Jugendhilfe (BBJH) ist eine Kernaufgabe der Evangelischen Jugendsozialarbeit. Dort wird Kirche im praktischen Tun für die jungen Menschen in einer vulnerablen Lebensphase am Übergang Schule-Beruf deutlich und greifbar. Unabhängig von Herkunft, Religion, Nationalität und Geschlecht setzt sich Kirche mit Berufsbezogener Jugendhilfe für junge Menschen ein, deren Chancen auf eine gerechte Teilhabe in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt aufgrund individueller und/oder sozialer Benachteiligungen verstellt sind. Handlungsleitend ist die Grundidee der Hilfe zur Selbsthilfe: einerseits die nötige Unterstützung anzubieten, sie andererseits aber auch genau darauf zu beschränken.
Die BBJH arbeitet im Vertrauen auf die selbstbestimmte Entscheidungs- und Gestaltungsfähigkeit der jungen Menschen – ganz im Sinne der Geschichte der Heilung des Blinden bei Jericho „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ (Mk 10,46 ff).
Im Rahmen des Prozesses „Profil und Konzentration“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern entstand in den vergangenen Jahren eine theologische Profilierung der Evangelischen Jugendsozialarbeit. Inspiriert hat dazu in 2018 Kirchenrat Thomas Prieto Peral im Rahmen einer Klausurtagung. Wir nennen sie – abgekürzt – die „4 G´s der Jugendsozialarbeit“. Diese
4 G´s (Geschöpflichkeit, Gerechtigkeit, Gemeinschaft und Geliebtsein) werden seitdem in unterschiedlichen Kontexten immer wieder neu in Bildern, Texten, Aktionen interpretiert und für neue Situationen aktualisiert.
Mit den hier vorgelegten Grundsätzen verpflichten sich die in der ejsa Bayern e.V. zusammengeschlossenen Einrichtungen der BBJH auf einen spirituellen und professionellen Rahmen, der eine Grundlage schafft, um sozial benachteiligten jungen Menschen eine mündige und selbstbestimmte Lebensperspektive zu eröffnen. Ein intensiver Diskussionsprozess mit den jungen Menschen selbst, mit Ausbilder/AnleiterInnen, SozialpädagogInnen und Einrichtungsleitungen der BBJH in Bayern und beständige Entwicklungsarbeit findet in diesen erneuerten Grundsätzen ihren Niederschlag.
Diese Grundsätze sind von der Überzeugung geleitet, dass klare Zielgruppenorientierung, partizipative Prozesse mit hohen professionellen Standards der Angebote und die Innovationskraft der Mitarbeitenden Grundvoraussetzungen für eine gelingende berufliche und soziale Teilhabe der jungen Menschen sind.
Mögen diese Grundsätze eine treibende Kraft in der Gesellschaft auf der Suche nach sozialem Frieden sein.
München, im September 2022
Sabine Lindau
1. Vorsitzende der Evangelischen Jugendsozialarbeit Bayern e.V. – Vorständin Diakonisches Werk Bayern
Tobias Fritsche
2. Vorsitzender der Evangelischen Jugendsozialarbeit Bayern e.V. – Landesjugendpfarrer
Die Berufsbezogene Jugendhilfe (BBJH) versteht sich als eine Angebotsform im Rahmen des Übergangs zwischen Schule, Ausbildung und Beruf für eine ganz spezielle Zielgruppe junger Menschen in unserer Gesellschaft. Im Fokus stehen sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche und junge Erwachsene, die zur Bewältigung multipler Problemlagen einen erhöhten Unterstützungs- und Förderbedarf haben. Damit erfüllt die BBJH eine Spezialaufgabe im Bereich des Übergangs von Schule über Ausbildung zum Beruf. Dieser Bereich ist leider immer noch weit davon entfernt, als ein kohärentes Übergangssystem bezeichnet werden zu können.
Die ejsa will mit der BBJH innerhalb dieses Übergangssystems einen eigenen Weg für die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit – also für junge Menschen mit erhöhtem Unterstützungs- und Förderbedarf – aufzeigen. Ihnen fehlt es in der Regel an weit mehr als „nur“ einer geeigneten Lehrstelle. Deshalb geht es uns um mehr als um Arbeitsmarktdienstleistung. Es geht uns immer um den ganzen Menschen mit all seinen Lebensäußerungen und -ausprägungen. Diese jungen Menschen brauchen Unterstützung in ihrer beruflichen, sozialen und persönlichen Entwicklung. Diese Unterstützung muss umfassend sein, denn vielfältige Hemmnisse verhindern, erschweren oder blockieren den erfolgreichen Übergang dieser jungen Menschen von der Schule in ein Leben als berufstätiger und selbststän-diger Erwachsener.
Daher ist und bleibt das Ziel der BBJH ein hohes: die Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe junger Menschen mit erhöhtem Förderbedarf durch Integration in einen Beruf. Dies ist nur zu errei-chen, wenn sich alle gesellschaftlich relevanten Kräfte, besonders aber Politik und Wirtschaft, dieses Ziels vorrangig annehmen, um den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft sichern zu helfen. Es ist aus Sicht der Evangelischen Jugendsozialarbeit (ejsa) zu wenig, nur die Integration in Arbeit – eine für manche Jugendlichen sehr schwierige Angelegenheit – anzustreben, auch wenn wir wissen, dass einige junge Menschen maximal dieses Ziel erreichen werden. Wir wollen ihnen trotzdem berufliche Perspektiven aufzeigen, weil wir wissen, dass nur eine Berufsausbildung und eine berufliche Identität nachhaltige Perspektiven und damit soziale Integration ermöglichen. Aus diesem Grunde nennen wir unseren Arbeitsbereich weiterhin Berufsbezogene Jugendhilfe – BBJH.
Diese Grundsätze für die BBJH sind die Basis, auf die sich die Einrichtungen im Arbeitsfeld BBJH innerhalb der ejsa verständigt haben. Damit betonen sie das gemeinsame Ziel.