Gesellschaft im Gepäck – Eindrücke vom JMD-Fachtag in Nürnberg

Frau mit dunkler Brille steht vor einem geöffneten KofferWie kann Jugendmigrationsarbeit gesellschaftliche Entwicklungen sichtbar machen – und gleichzeitig den jungen Menschen gerecht werden, die sie begleitet? Auf dem diesjährigen Fachtag der Jugendmigrationsarbeit in Nürnberg wurden zwei Schwerpunkte besprochen:

1. Der „Vortrag aus dem Koffer“
Judith Jünger (BAG EJSA) präsentierte mit dem „Vortrag aus dem Koffer“ ein eindrückliches Format zu der Frage: Wie erleben junge Menschen heute Migration – und wie prägt das unsere Arbeit? Symbolisch gepackte Alltagsgegenstände öffneten neue Zugänge:

  • ein Handy ohne Netz (Isolation)
  • ein Stück trockenes Brot (Not)
  • ein Spielzeugbus (Ankunft, Bewegung)
  • ein Kompass (Orientierung)
  • ein Musikprogramm (Teilhabe)

Auch die Fachkräfte der Jugendmigrationsdienste, JMDiQ, Mental Health Coaches, Respekt Coaches und dem Garantiefonds Hochschule brachten eigene Symbole für ihre Arbeit und die Lebenssituation junger Menschen mit. So entstand ein lebendiger Austausch über pädagogische Haltung, fachliche Grenzen – und den Mut, die eigene Rolle neu zu hinterfragen.

2. Schutzkonzepte im Fokus
Im Rahmen eines Worldcafés diskutierten die Fachkräfte vier zentrale Themenfelder rund um Schutz vor sexualisierter Gewalt im Kontext der Jugendmigrationsarbeit:

  • Nähe & Distanz: Welche Rolle spielt Vertrauen – und wo braucht es klare Grenzen? Welche unterschiedlichen Vorstellungen von Geschlechterrollen kommen zum Tragen
  • Strukturen & Gelegenheiten: Wer trifft wo, warum, wann auf wen? Wo entstehen Machtverhältnisse oder besonders sensible Situationen?
  • Räumliche Risiken: Gibt es „blinde Flecken“ kritischen Orte, Situationen im Beratungssetting?
  • Kultursensibilität: Wie gelingt kultursensible Beratung und die Thematisierung von sexualisierter Gewalt?

Der kollegiale Austausch zeigte die Unterschiedlichkeit der Rahmenbedingungen auf, aber auch, wie viel Fachwissen und Reflexionsbereitschaft im Feld vorhanden ist. Ziel war es, Kinder und Jugendliche zu stärken und Fachkräfte zu unterstützen. Der Fachtag bot zudem Raum für aktuelle Informationen aus der Landeskoordination und dem Diakonischen Werk Bayern sowie für kollegialen Austausch zu Herausforderungen auf Bundes- und Landesebene.

Deutlich wurde: Die politische und gesellschaftliche Stimmung bleibt herausfordernd – gerade für junge Menschen mit Migrationsgeschichte. Der Fachtag bot nicht nur neue Impulse, sondern machte einmal mehr sichtbar, wie bedeutsam Jugendmigrationsarbeit für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist – und wie wichtig Räume sind, in denen Fachkräfte sich austauschen, vernetzen und Haltung zeigen können.