Tom hält es in der Hausaufgabenzeit im Ganztag nicht auf dem Stuhl. Er läuft herum, stört und zwickt andere Kinder, schreit. Niko hingegen klagt beinahe täglich über Bauchschmerzen. Amina wird immer stiller, unkonzentrierter, dünner. Ihre Ausbilderin in der Jugendwerkstatt kommt nicht mehr an sie heran. Die Beraterin im Jugendmigrationsdienst wundert sich, was bei Ovi los ist: Vor drei Jahren hat er mit viel Anstrengung den Einstieg auf der Realschule geschafft. Jetzt sacken die Noten ab, er ist oft krank oder kommt zu spät zum Unterricht.
Psychische Belastungen junger Menschen sind als Inhalt verschiedener Studien medial omnipräsent. Die Praxis der Jugendsozialarbeit bestätigt die Studien zur psychischen Gesundheit junger Menschen. Es wird überdeutlich: Belastungen nehmen zu, psychische Erkrankungen auch.
Doch was bedeutet diese Beobachtung für die Jugendsozialarbeit? Wie reagieren Einrichtungen in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern? Und was ist darüber hinaus noch möglich?
- Die Personalentwicklung in der Einrichtung ist ein entscheidender Baustein. In Fortbildungen erwerben Mitarbeiter*innen Wissen zu Erscheinungsformen psychischer Belastungen in den unterschiedlichen Altersgruppen und erarbeiten Interventionsstrategien. Allein im März und April 2023 nahmen über 60 Mitarbeitende aus der Berufsbezogenen Jugendhilfe und dem Ganztagsbereich an entsprechenden Fortbildungen der ejsa Bayern teil. Weitere Veranstaltungen sind in Planung und in den nächsten Wochen hier (verlinken mit ejsa-veranstaltungen) abrufbar.
- Die Stärkung von Netzwerken, z. B. durch die konzeptionelle und vertragliche Einbindung psychiatrischer und psychotherapeutischer Kompetenz in die Arbeit vor Ort ist ein weiterer wichtiger Schritt um niederschwellige Unterstützung für junge Menschen zu ermöglichen.
- Aktuelle Veröffentlichungen bieten darüber hinaus wichtige Impulse: Die Arbeitshilfe „Jung und Gesund!?“ ist ein gemeinsames Werk des Bayerischen Jugendrings, der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Bayern und der Aktion Jugendschutz Bayern. Sie enthält grundlegende Informationen zum Thema aus medizinischer, pädagogischer, therapeutischer und jugendpolitischer Sicht sowie einen umfangreichen Teil mit Praxisbeispielen und Methoden für die tägliche Arbeit mit den jungen Menschen.
Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung entwickelte im Rahmen des Programms „Resilienz im Ganztag“ Materialien für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, aber auch zur Stärkung von Teams im Ganztag; sie sind online abrufbar.
Darüber hinaus wäre es wünschenswert, dass zusätzliche (finanzielle) Ressourcen in bestehende Systeme investiert werden. So können bestehende Unterstützungsprozesse ggf. intensiviert werden. Sonderprojekte führen hingegen häufig zu Überschneidungen in der Zuständigkeit bzw. zu Problemen bei der Akquise von Klient*innen.