Lebenswege – Junge Geflüchtete interviewen junge Geflüchtete

Was bedeutet es fliehen zu müssen? Was nehme ich mit? Wie fühlt es sich an in einem fremden Land anzukommen und sich zu Recht finden zu müssen? Was bedeutet eigentlich Heimat und wie geht es für mich weiter? 22 junge Menschen haben sich diesen und weiteren Fragen gestellt und von ihrem Leben in Deutschland berichtet. Daraus ist eine Publikation entstanden, die die Lebenswirklichkeiten geflüchteter Jugendlicher abbildet.

FREMD IST DER FREMDE NUR IN DER FREMDE.

Allzu oft hören wir, dass in unserer Gesellschaft von „UNS“ und „DENEN“ gesprochen wird. Menschen werden in Gruppen eingeteilt, in die, die dazugehören und in die, die ausgeschlossen sind. Dies betrifft in den letzten Jahren vor allem geflüchtete Menschen. Wo oft vorschnell geurteilt wird, möchten wir zum Hinterfragen und einem Perspektivwechsel einladen. Den Meisten ist häufig nicht klar, was es wirklich bedeutet, seine Heimat verlassen und in ein anderes Land fliehen zu müssen. Fluchterfahrungen sind uns fremd, ein wirkliches Verstehen ist damit nur schwer möglich. Wenn wir die Beweggründe für Flucht kennen, wird das Verständnis für das Gegenüber wachsen können. Vorurteile können weichen.

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, ein Projekt zu beginnen, das zu mehr interkulturellem Verständnis beitragen soll. In dieser Broschüre werden die Lebenswirklichkeiten geflüchteter Jugendlicher abgebildet. Sie sprechen über ihre Ankunft in Deutschland, ihre Probleme und Chancen und über ihre Träume und Visionen. Es geht um kulturelle Unterschiede und doch auch um Gemeinsamkeiten, die uns verbinden.

Marah, Hala und Rama Mbayed sind drei Schwestern mit einer eigenen Fluchtgeschichte. Sie haben andere geflüchtete Jugendliche aufgesucht und sie zu ihrer Situation in Deutschland interviewt. Diese jungen Frauen haben hierbei Großartiges geleistet und neben der Durchführung und Verschriftlichung der Interviews diese teilweise auch selbst übersetzt. Auch von ihren Erfahrungen kann man hier lesen. Was ganz klein begann, wurde schnell zum großen Erfolg. Immer mehr Jugendliche wollten Teil des Projektes werden und ihre ganz persönliche Geschichte mit der Öffentlichkeit teilen, um das Verständnis füreinander zu fördern. In den daraus entstandenen 22 Beiträgen liegt letztlich eine große Chance zu mehr Miteinander. Im anschließenden Arbeitsteil finden sich Fragestellungen, die eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Interviews und den sich daraus ergebenden Themen ermöglichen sollen.

Ein herzlicher Dank ergeht an die engagierten Interviewerinnen sowie die Interviewten, die hier ganz private Einblicke in ihr Leben und ihre Sicht auf Deutschland gewähren.

Integration ist keine Einbahnstraße. Nicht nur die Hinzugekommenen müssen sich bewegen, sondern auch die bereits hier lebenden Menschen. Es geht nur zusammen. Die vorliegende Publikation möchte einen Beitrag zu diesem Verständigungsprozess leisten und jungen Menschen, die seit kurzer Zeit in Deutschland leben, eine Stimme geben und das Interesse an einem kulturellen Austausch fördern. Wir hoffen, dass diese Broschüre neben dem Nachdenken auch zu einer echten Annäherung führt: Wer weiß, vielleicht ist das vermeintlich Fremde ja in Wirklichkeit gar nicht so fremd und neue Freundschaften und Sichtweisen können durch das Herausfinden von Gemeinsamkeiten entstehen?

Christian Schlademann